Was steht hinter Übersetzungen Heimito von Doderers und seiner „Strudlhofstiege“?
Heimito von Doderer, ein österreichischer Autor. Haben Sie schon mal von ihm gehört? Ich schätze eher nicht. Mir ging es nicht anders, als ich seinen Namen zum ersten Mal gehört habe. Wer ist das? Und was heißt „Strudlholfstiege“, der Titel seines bekannten Buches?
Die Antwort auf die erste Frage bekam ich am 30. November 2022, weil es in der Mährischen Landesbibliothek die Veranstaltung „Strudlhofstiege“ gab. Ich ginge dort als Studentin, die nie von diesem Autor gehört hatte und war neugierig, worum es gesprochen und wer hier vortragen wird. Zum Gast sind hier 4 Männer gewesen, die sehr eng mit dem Buch Strudlhofstiege zusammenhängen und einen großen Einfluss auf die Bekanntschaft von Heimito von Doderer hatten und immer noch haben. Der erste Herr, Herbert Krill ist ein Filmmacher, der sich langfristig mit der Persönlichkeit von Doderer beschäftigt. Er dreht Dokumentarfilme und hat in seinem Leben mit fast 2000 Schauspielern, Autoren, Regisseuren und anderen Filmleuten Interviews gemacht. Der zweite Gast heißt Ondřej Sekal, der tschechische Übersetzer des Romans von Heimito von Doderer Strudlhofstiege ins Tschechische ist. Der dritte Gast ebenso ein Übersetzer, aber ins Englische, Vincent Kling. Der letzte Gast, Dr. Manfred Müller ist ein Vertreter von Österreichischer Literaturgesellschaft, wo Doderer seine Text vorlas.
Obwohl die Teilnahme von Zuschauern an dieser Veranstaltung nicht groß war, war es eine sehr interessante Debatte und Präsentation von verschiedenen Aspekten des Autors Heimito von Doderer, von seinem Leben, Werk und auch vor allem von der Arbeit des Übersetzens.
Heimito von Doderer wurde im Jahr 1896 geboren und starb 1966 in Wien. Er hatte mehrere Romane verfasst, wie z.B. Die Dämonen, Ein Mord, den jeder begeht oder Das letzte Abenteuer. Im Jahr 1951 ist sein Roman Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre erschienen. Dieses Werk beschreibt ohne eigentliche Haupthandlung Begegnungen und Gespräche zwischen jeweiligen Personen innerhalb von etwa 15 Jahren. Es ist eine Schilderung der vielschichtigen Wiener Gesellschaft jener Zeit. Gerade die Strudlhofstiege, was auch ein Name von einer realen Stiege in Wien ist, ist die Schnittstelle der Handlung. Dieser Roman gilt als Durchbruch für Doderer und hatte einen großen Erfolg. Mit diesem Roman besorgte sich Doderer einen Platz in der deutschen Literaturgeschichte. Doderers Prosa ist humorvoll und vielfältig. Doch ist Doderer dem internationalen Lesepublikum relativ unbekannt. Der Roman Die Strudlhofstiege hat eine köstliche und üppige Sprache. Auch die beiden Übersetzer, Herr Sekal und Kling erwähnten, dass der Text sehr kompliziert und nicht leicht zu übersetzen ist. Man muss den konkreten Abschnitt mehrmals lesen, um es überhaupt zu verstehen, geschweige denn ihn in eine andere Sprache zu übersetzen.
In einem Dokumentarfilm von Herr Krill sahen wir den französischen Übersetzer, der lange Zeit an der Übersetzung des Romans gearbeitet hatte. Leider gab es aber später kein Geld dafür und bis jetzt gibt es keine Übersetzung ins Französische. Eine solche Übersetzung von hunderten Seiten, konkret ca. 900 Seiten, eines schweren und komplizierten Textes dauert mehrere Jahre. Beim ersten Lesen ist der Text des Romans schwer zu überblicken, hat mehrere Zeitsprünge, besteht aus verschiedenen Erzählsträngen. Die einzige Einheit ist die Einheit des Ortes, die Straßentreppe Strudlhofstiege. Die Sätze im Roman haben eine sehr komplexe Struktur, arbeiten mit fremden Worten und Zitaten, mit Austriazismen, dem Wiener Dialekt und mit der Sprache verschiedenen Sozialgruppen. Der Roman hängt auch mit dem folgenden Roman Die Dämonen zusammen. Außerdem hat der Roman noch autobiographische Bezüge zum Leben von Heimito von Doderer.
Während der Debatte wurde auch darüber diskutiert, warum eine tschechische Übersetzung überhaupt nötig war. Es gab nämlich schon seit 1990 die slowakische Übersetzung. Aus Antworten des Vortragenden wurde klar, dass ein so großes und komplexes Buch es verdiente, ins Tschechische übersetzt zu werden. Auch aus dem Grunde, damit es den Lesern zugänglicher wird. Die tschechische Übersetzung von Ondřej Sekal wurde erst im Jahr 2022 herausgegeben und man konnte sich die Ausgabe nach der Veranstaltung auch kaufen.
Der ganze Abend beinhaltete auch Video aus der Strudlhofstiege in Wien, wo man Treffen zu Erinnerung an Doderer organisiert. Manfred von Müller stellte uns auch andere Bücher von Doderer vor, die interessant und bedeutsam sind. Während der ganzen Veranstaltung sind auch mehrere Fragen aus Publikum gestellt worden, die von den Gästen beantwortet wurden. Auf einer Audioaufnahme hörten wir auch einen Ausschnitt des Romans ins Türkische. Nachfolgend haben Herr Sekal und Herr Kling aus seinen Übersetzungen auf Tschechisch und Englisch die gleiche Passage gelesen. Abschließend wurde natürlich noch auf Deutsch gelesen. Es war interessant den Text in verschiedenen Sprachen zu hören und zu vergleichen. Weil ich Deutsch, Englisch und Tschechisch verstehe, konnte ich beobachten, wie sich die Übersetzungen unterscheiden und wie jede Sprache mit anderen sprachlichen Mitteln arbeitet. Ich bekam fast Lust Bücher übersetzen zu können oder manche Bücher von Doderer zu lesen. Ich bin mir nicht sicher, ob gleich Die Strudlhofstiege, weil es ein „hoher Level“ ist. Vielleicht lieber zuerst einen anderen Roman von ihm.
Quellen:
https://dokweb.net/databaze/lide/biography/00207340-2f42-492d-a8a9-3bae2e4c2bfe/herbert-krill
https://www.databazeknih.cz/knihy/strudlhofske-schody-aneb-melzer-a-hlubina-let-489534
https://www.perlentaucher.de/buch/heimito-von-doderer/die-strudlhofstiege.html
http://www.heimito-von-doderer.de/